Presseclub: Soziale Gerechtigkeit – Höhere Steuern für Erben und Reiche?
Marode Infrastruktur, schleppende Digitalisierung und ökologische Transformation: Deutschland hat nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, DIW, und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung einen öffentlichen Investitionsbedarf in Höhe von 60 Milliarden Euro jährlich. Dagegen sind die 17 Milliarden Euro, die gegenwärtig im Haushalt für das nächste Jahr fehlen und über deren Finanzierung die Ampel mal wieder streitet, nur „Peanuts”. Wie wollen wir das finanzieren? Wäre es gerecht, dafür Erben und Reiche stärker zur Kasse zu bitten, wie dies SPD, Grüne und Linke fordern?
Fakt ist, dass die soziale Ungleichheit in Deutschland wächst. Die fünf reichsten Unternehmerfamilien besitzen zusammen etwa 250 Milliarden Euro und damit mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung zusammen, also mehr als 40 Millionen Menschen. Nach einer Studie der Boston Consulting Group von Anfang Juli haben superreiche Deutsche ihr Finanzvermögen im vergangenen Jahr mit Abstand global am meisten steigern können. Läuft da steuerlich etwas aus dem Ruder? Arbeitnehmer zahlen im Schnitt schon ab einem Jahreseinkommen von rund 66.000 Euro 42 % Einkommenssteuer, während Kapitalgewinne nur mit 25 % besteuert werden. In Deutschland gibt es seit 1997 keine Vermögenssteuer mehr, weil das Bundesverfassungsgericht die gesetzlich vorgesehene unterschiedliche Berechnung von Immobilien- und Geldbesitz verworfen hat. Die Erbschaftssteuer lässt gerade bei der Vererbung von Firmenbesitz viele Ausnahmen zu, weil die Politik den Bestand der Unternehmen und deren Arbeitsplätze sichern wollte. Einerseits verständlich, wenn man bedenkt, dass Deutschland mit einer effektiven Unternehmenssteuerbelastung in Höhe von 30 % ein Hochsteuerland ist und das Land zurzeit in einer Wirtschaftskrise steckt. Andererseits führen die Schlupflöcher nach Hochrechnungen des Netzwerkes Steuergerechtigkeit aber dazu, dass wohlhabende Firmenerben oft unter dem Strich fast gar nichts zahlen müssen. Muss sich hier etwas ändern? Welche Chancen gibt es für eine sozial gerechte Steuerreform und wie sähe die aus?
Darüber diskutiert Sabine Scholt mit den Gästen
– Maurice Höfgen, Publizist
– Oliver Stock, Business Punk
– Andreas Spinrath, Westdeutscher Rundfunk
– Ursula Weidenfeld, freie Journalistin
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